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08.10. - 29.10.2022
wed - sa 4 - 7 p.m.

SOMA 700





Sujatro Ghosh


Prosaic Elegy For Hungry Streets





 exhibition photos courtesy of the artist

DE

Die Einzelausstellung „Prosaic Elegy For Hungry Streets“ von Sujatro Ghosh stellt die Beziehung zwischen Erinnerung, Verlangen und Essen in den Vordergrund. Die katastrophale Hungersnot in Bengalen im Jahr 1943 bildet den historischen Hintergrund für die ausgestellten Werke, in denen Sensation, Gewalt, Mangel und Überfluss zu einem delikaten Rezept zusammengefügt werden.

Die Hungersnot in Bengalen, die als eines der schlimmsten von Menschen verursachten Ereignisse des 20. Jahrhunderts gilt und bei der mehr als drei Millionen Inder an Unterernährung und Hunger starben, ist eine brutale Erinnerung an koloniale Gier, Plünderung und Despotismus. Die Idee des Verhungerns führt also dazu, dass Nahrung nicht nur ein Ort der Ernährung ist, sondern auch ein Ort des Verlangens und der Sehnsucht. Es ist dieses Verlangen, das die Freude und die Wut der Werke in dieser Ausstellung anheizt.

Die zentrale Essinstallation mit handgefertigten Stoffzeichnungen, weichen Skulpturen, Tonutensilien und gefundenen Objekten erinnert an ein zeitlich verschobenes Festmahl. Der Tisch ist für eine Prozession gedeckt, die vielleicht erst noch kommt oder schon vorbei ist. Die Arbeit akkumuliert also nicht nur das nicht eingehaltene Versprechen von Nahrung, sondern auch von Zeit. Diese Zeit des Wartens und der Versorgung wird durch die angrenzende Wandausstellung mit Einmachgläsern, in denen natürlich konservierte und fermentierte Lebensmittel aufbewahrt werden, weiter ausgedehnt. Vorgestellt als eine Uhr, die geräucherte, gewürzte und marinierte Zeit aufbewahrt, sehen wir die Geschichte auch als eine essbare Substanz. Die Taktilität und der sinnliche Genuss des Essens werden durch die im Raum verteilten Videoarbeiten noch erweitert. In Form von bewegten Bildern sehen wir Finger, die Reis streicheln, Rauch aus Gemeinschaftsküchen, der wie ein magischer Vorhang aufsteigt, und einen einfachen Haufen Essen, der sich in ein Monument der Pflege und Ruhe verwandelt.

In all diesen Fällen wird das Essen zur Landschaft, zu einer großen Weite, in die man seine Fantasien und Bedürfnisse projizieren kann. Es ist eine Landschaft, in der wir uns bewegen müssen, um unsere eigene Sprache zu finden - eine Sprache, die sowohl Sprache als auch Geschmack genießen kann. Ausführliche Interviews, die mit Familienmitgliedern von Überlebenden der Hungersnot in Bengalen geführt wurden, werden in einer akustischen Dramaturgie eingesetzt, in der diese doppelte Frage nach Sprache und Essen aus dem Mund in den Raum der Ausstellung schwappt. Die Frage, auf die alle Werke hinauslaufen, lautet schließlich, was es für ein europäisches Publikum bedeutet, den gastronomischen Wünschen eines kolonisierten und ausgeplünderten Volkes zu begegnen. Die sinnliche Kraft der Erfahrung, die die Ausstellung erzeugt, wird uns helfen, einander neu zu begegnen und zu entdecken.

Sujatro Ghosh ist ein multidisziplinärer Künstler, der in Berlin lebt. Seine Praxis kritisiert hegemoniale Machtstrukturen und institutionalisierte Mechanismen der Ungerechtigkeit. Sujatro versucht, mit verschiedenen ästhetischen, sozialen und politischen Prozessen in die Landschaft von Queer-Rechten, sozialer Gerechtigkeit, Diaspora-Spannungen und Geschlechtergerechtigkeit einzugreifen.

Kuratorin: Nabi Nara

sujatroghosh.com
EN

The solo exhibition „Prosaic Elegy For Hungry Streets“ by the artist Sujatro Ghosh brings to the fore the relationship between memory, desire and food. The catastrophic Bengal Famine of 1943 is the historical backdrop of these works where sensation, violence, scarcity and abundance are summoned into a delicate recipe.

Considered to be one of the most calamitous man-made events of the 20th century, where more than three million Indians perished due to malnourishment and starvation - the Bengal famine is a brutal reminder of colonial greed, plunder and despotism. The idea of starvation then, produces food not just as a site of nourishment, but also of desire and longing. It is this desire that fuels the joy and rage of works in this exhibition.

The central dining installation featuring hand made fabric drawings, soft sculptures, clay utensils and found objects reminds us of a periniennaly deferred feast. The table is laid for a procession that is perhaps yet to arrive or has already passed. The work, hence, accumulates not just the reneged promise of nourishment but also of time. This time of waiting and succour gets further dilated in the adjoining wall display of mason jars that house naturally preserved and fermented foods. Imagined as a clock that keeps cured, spiced and marinated time - we also see history as an edible substance. The tactility and sensual pleasure of eating is further extended by the video works peppered through the space. Mounted as moving image paintings we see fingers caressing rice, smoke from community kitchens rise as a magic curtain and a simple mound of food transforming into a monument of care and rest.

In all these instances food becomes landscape, a capacious expanse where one can project one’s fantasies and needs. It is a landscape that we must navigate in order to find our own tongue- a tongue that can relish both language and flavour. Extensive interviews conducted with family members of Bengal Famine survivors are deployed into an aural dramaturgy where this twin question of language and food spills out of the mouth into the space of the exhibition. Finally, the question that all the works come together to ask us is what it means for an audience in Europe to encounter the gastronomic desires of a colonized and plundered people? The sensual force of the experience generated by the show will help us encounter and discover each other anew.

Sujatro Ghosh is a multidisciplinary artist based in Berlin. His practice critiques hegemonic power structures and institutionalized mechanisms of injustice. Sujatro attempts to intervene in the landscape of queer rights, social justice, diasporic tensions and gender justice with various aesthetic, social and political processes.

Curator: Nabi Nara

sujatroghosh.com










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SOMA ist ein unabhängiger Non-Profit Ausstellungsraum für zeitgenössische Kunst.